Über den Wolken soll auch das Internet grenzenlos sein

Ein funktionierendes Internet während des Flugs gehört heute genauso zum Komfort wie gutes Essen und ein spannendes Entertainment-Programm. Wireless System Architect bei Airbus, Martin Schirrmacher erläutert: KID-Systeme (KID) ist eine Tochtergesellschaft von Airbus. Sie bietet eine breite Palette an digitalen und elektronischen Lösungen für die moderne Flugzeugkabine. Unter anderem gehören dazu die Stromversorgung an Bord, Videoüberwachungssysteme und USB-Lademöglichkeiten mit vernetzten Konnektivitäts-Lösungen.

Im Flugzeug nutzen wir für das WLAN-Netzwerk sogenannte Zugangspunkte (Wireless Access Points) von Cisco. Wir stellen diese Gesamtlösung Fluggesellschaften auf der ganzen Welt zur Verfügung. Diese Access Points werden optimal angepasst, um den spezifischen Anforderungen der Fluggesellschaften gerecht zu werden. Sie werden hierzu mit einem “Power-Interface Board” verbunden, bei der KID getestet, zertifiziert und so auch für die Installation in der Flugzeugkabine perfekt vorbereitet. Bei der Durchführung der Leistungstests in der Kabinenumgebung wir KID von Airbus unterstützt.

Die Nutzerdichte in der Kabine ist eine der größten Herausforderungen. Es befinden sich ca. 1,5 Passagiere auf jedem Quadratmeter der Flugzeugkabine und jeder Fluggast nutzt heute mindestens zwei mobile Geräte. Dies erfordert einen sehr hohen Systemdurchsatz. Mit drei bis vier Access Points, die im Flugzeug relativ nahe beieinander liegen, ergeben sich besondere Herausforderungen für das Management der Funk-Ressourcen, der Datensicherheit und der Datenqualität, also der “mobilen Clients”. Eine stabile Verbindung zu gewährleisten und so ein Nutzererlebnis wie zu Hause oder im Büro zu gewährleisten ist hier das Ziel.

Der Access Point muss leistungsfähig, kompakt und stromsparend sein. Innerhalb des Temperatur- und Vibrationsbereichs in der Kabine muss er arbeiten können. Dieser ist natürlich viel größer als in einem Haus oder sogar in einer industriellen Umgebung. Mit Lüftern wird die Abwärme abtransportiert, weil die Access Points hinter der Kabinendecke installiert sind, wo keine Luftzirkulation geschieht. Nicht zuletzt muss er sehr einfach zu bedienen sein, um das Kabinenpersonal hier zu unterstützen.

Letzten Endes nutzen alle den WiFi Standard. Da viele Passagiere die neuesten Geräte mit an Bord bringen, müssen wir trotzdem immer auf dem neuesten Stand der Technik sein. Die installierten Access Points benötigen regelmäßige Software-Updates, da Flugzeuge mit langen Vorlaufszeiten von fünf oder sechs Jahren gebaut und ausgeliefert werden.

Dieses „Funkgerät“ muss nicht zuletzt weltweit zertifiziert werden. Das ist natürlich komplex. Unzählige Grenzen werden von Flugzeugen überquert und jedes Land und jede lokale Telekommunikationsbehörde verlangt, dass ihre Regeln eingehalten werden, wenn das Flugzeug landet und seine Türen öffnet. Die US- FCC- oder EU-Prüfergebnisse werden von einigen Ländern akzeptiert, andere wiederum verlangen eine erneute Prüfung und so erfordert die Beschaffung von Zertifikaten vor Ort einen hohen Aufwand.

Wir brauchen ausgereifte, praxiserprobte und robuste Lösungen. Das gilt für das Netzwerk-Management aber auch für die Hardware. Wir brauchen eine flexible unnd leistungsstarke WLAN-Controller-Lösung, die uns entsprechende Parameter zur Optimierung im Einsatz der speziellen Umgebung der Kabinen bietet. Nur sehr wenige Gerätehersteller bieten diese große Anzahl von Funktionalitäten.

In zwei Flugzeugmodellen führen wir die Leistungstest durch – in einer A321 und einer A380. Im Grunde genommen steht dafür eine Hälfte des Flugzeugs mit Sitzen, Verkleidung und einem Teil der “Metallhaut” zur Verfügung. Dann testen wir verschiedene Nutzer-Szenarien mit realen Endgeräten. Was passiert z.B., wenn die Passagiere an Bord gehen? Die mobilen Endgeräte verbinden sich dann normalerweise mit dem ersten WLAN-Zugangspunkt, den sie “sehen”? Aufgabe des WiFi Controllers ist es dann, die Clients entsprechend ihrer Position und ihrem Datenaufkommen dynamisch und homogen über alle WLAN Access Points in der Kabine zu verteilen. Auch wenn sich jemand durch die Kabine bewegt, muss das gewährleistet werden. Wir teilen Die Ergebnisse teilen wir mit Cisco und diskutieren, wie die Segmentierung von Benutzergruppen, die Servicequalität und der Audio- und Videodurchsatz optimiert werden können.

Wir haben uns bei der letzten Testkampagne besonders auf den Lastausgleich konzentriert. Gearbeitet haben wir daran, wie wir 180 Streaming Geräte gleichmäßig auf die Access Points verteilen und eine gewisse Bewegung in der Kabine ermöglichen können, ohne dass die Leistung beeinträchtigt wird. Den Lasten-Controller hat Cisco auf dieser Grundlage optimiert.

Im dritten oder vierten Quartal 2023 liefern wir das erste Flugzeug aus, das mit dem neuen Access Point ausgestattet sein wird. Der neue Access Point kann circe 100 HD-Streaming-Clients bedienen, 40 mehr als die vorherige Version. Das ist für uns ein großer Schritt nach vorn. Der Durchsatz hat sich gleichzeitig mehr als verdoppelt. Da wir davon ausgehen, dass innerhalb der nächsten drei Jahre bis zu 90 Prozent der Passagiergeräte Wi-Fi 6 oder 6E haben werden, die einen höheren Durchsatz erfordern, ist das natürlich wichtig. Die Fluggesellschaften wollen zudem eine Lösung, um HD-Inhalte an 200 Passagiere zu übertragen. Wir benötigen die neuesten Technologien wie Multi-User-MIMO und OFDMA, die im Cisco-Produkt abgedeckt sind, um diese Anforderungen zu erfüllen.

Ein Besatzungsmitglied startet das Gerät neu, wenn heute ein Problem auftritt. Wird das Problem dadurch nicht gelöst, analysieren wir Fehler-Logfiles und wenn auch das nicht hilft, schicken wir einen Experten auf den nächsten Flug, um das Problem zu beheben. Das kostet eine Menge Zeit und Geld. Lösungen werden in Zukunft dann zur Fernüberwachung und -steuerung durch einen IT-Experten am Boden viele Probleme lösen.

In Ehctzeit erhalten viele Fluggesellschaften dann wertvolle Daten: Welches Essen genießen die Passagiere, welche Filme sehen sie sich an und welche Duty-Free-Artikel verkaufen sich am schnellsten? Bei der Ankunft am Flughafen könnten sie dann sogar schon den zollfreien Artikel bereitstellen, anstatt ihn an den Kunden zu versenden. Die Fluggesellschaften könnten dank dieser Daten dann ihren Service weiter verbessern und sich Wettbewerbsvorteile verschaffen.