Technisches Luftschloss oder realistisches Ziel?

In Russland soll ein 7-nm-Prozess zur Chipfertigung entwickelt werden. Das erinnert beinahe an vergangene Zeiten.  Bis 2028 sollen russische Unternehmen in der Lage sein, mit selbstentwickelter Fertigungstechnik Halbleiter in einem 7mm-Prozess zu fertigen.

Die modernste Fertigung im Land liegt derzeit bei 65 nm.  Dieser Plan scheint derart unrealistisch, dass es schwierig ist, einen Ausgangspunkt für die Analyse auszuwählen. Um eine Vorstellung zu bekommen, aber auch um einen Vergleichswert zu schaffen: ASML, der führende Hersteller von Belichtungsmaschinen für Halbleiter, benötigte ganze 17 Jahre, um Anlagen, die Licht im ultravioletten Spektrum (EUV) nutzen, zur Serienreife zu entwickeln.

Diese verwendet unter anderem Samsung für seine 7-nm-Prozesse. Bei dem größten Halbleiterfertiger weltweit, TSMC, kommt das extrem kurzwellige Licht bei den Weiterentwicklungen des 7-nm-Prozesses zum Einsatz. Es ist eine äußerst präzise Technik erforderlich, um mit EUV-Strahlung Halbleiterstrukturen zu erzeugen: Die verwendeten Spiegel müssen auf Picometer genau geschliffen werden und um eine exakte Belichtung zu ermöglichen, muss die Steuerung äußerst präzise sein.

Zwar soll in Russland Röntgenstrahlung statt EUV genutzt werden, anders als bei den gängigen Verfahren ohne Maske. Das macht die Entwicklung jedoch keinesfalls einfacher, die grundlegenden Probleme sind letzten Endes die gleichen. Da andere Methoden zur Steuerung und Fokussierung der Strahlung entwickelt werden müssen, kommen neue Herausforderungen durch die Wahl der Strahlungsquelle hinzu.

Die Teilprozesse wie das Aufbringen des fotosensitiven Maskenmaterials müssen unter Umständen ebenso neu entwickelt werden. Das Moscow Institute of Electronic Technology (MIET) kündigte bereits im April an, dass eine Anlage für Röntgenlithografie entwickelt werden solle. Das ist zwar, wie eine Übersichtsarbeit zum Thema zeigt, kein völliges Neuland. Außerhalb eines Labors hat allerdings noch niemand versucht, damit Halbleiter zu fertigen. Die Entwicklung startet also in etwa dort, wo auch ASML mit EUV begonnen hat.

In Zelenograd, einem russischen Onlinemagazin, finden sich Details zur geplanten Funktionsweise. Zwei Varianten sollen getestet werden, wobei die erste wie EUV Zinntröpfchen verdampft(g+), die zweite jedoc Röntgenstrahlung aus einem Synchrotron verwendet.   Das mit 670 Millionen Rubel (etwa 11 Millionen Euro) finanzierte Projekt soll von Nikolai Dyuzhev geleitet werden. Dieser sagte gegenüber Zelenograd, dass man quasi bei null anfange: „Niemand hat jemals auf dieser Grundlage maskenlose Lithografie betrieben.“