New York City – die Stadt, die niemals schläft und deren U-Bahn nie stillsteht. Doch während die Metropole in vielen Bereichen als Vorreiter gilt, steckt ihr öffentliches Nahverkehrssystem tief im digitalen Dilemma. Mit dem NFC-basierten OMNY-System wollte die MTA (Metropolitan Transportation Authority) die Mobilität ihrer Millionen Fahrgäste ins 21. Jahrhundert katapultieren. Doch fünf Jahre nach dem Start zeigt sich: Die digitale Revolution im Big Apple läuft alles andere als rund. Was ist schiefgelaufen?
Ein gigantisches Verkehrsnetz – und ein ebenso großes Problem
New York City verfügt über ein Nahverkehrssystem, das für amerikanische Verhältnisse seinesgleichen sucht: U-Bahnen mit fast 400 km Streckenlänge, drei S-Bahn-ähnliche „Commuter Railroads“, die Stadt und Umland verbinden, sowie unzählige Busse. Doch während die schiere Größe beeindruckt, verliert sich der Fortschritt in einem Netz aus veralteten Strukturen und fehlender Einheitlichkeit. Unterschiedliche Ticketsysteme, verwirrende Tarife und unübersichtliche Apps machen es Einheimischen und Touristen schwer, sich im Dschungel des ÖPNV zurechtzufinden.
OMNY: Die große Hoffnung – und die bittere Realität
2019 kündigte die MTA eine Lösung für diese Herausforderungen an: OMNY, ein NFC-basiertes Ticketsystem, das das veraltete MetroCard-System ablösen und den Zugang zu New Yorks Verkehrsmitteln vereinfachen sollte. Die Vision war klar: Ein einziges System für die gesamte Metropole. Doch fünf Jahre später ist von der erhofften Revolution wenig zu spüren. OMNY existiert zwar – doch anstatt die MetroCard zu ersetzen, läuft es nur parallel dazu. Die alten Magnetstreifen bleiben, die Verwirrung auch.
Noch problematischer ist, dass OMNY nicht überall akzeptiert wird. Während die U-Bahn und einige Busse das neue System unterstützen, bleiben die Commuter Railroads LIRR und Metro-North außen vor. Diese nutzen weiterhin ihre eigene App, TrainTime, und setzen auf QR-Codes statt NFC. Das Ergebnis: ein digitales Durcheinander, das den Alltag der Fahrgäste eher verkompliziert als vereinfacht.
Datenschutz: Ein weiterer Stolperstein
Zu den technischen Schwierigkeiten kommt ein sensibles Thema: der Datenschutz. Ursprünglich sollten Nutzer mit OMNY ihre Reisehistorie bequem online einsehen können. Doch dann kam heraus, dass diese Funktion leicht missbraucht werden konnte – es reichte, die Kreditkartennummer einer Person zu kennen, um ihre Bewegungen nachzuvollziehen. Die MTA reagierte prompt und schaltete die Funktion ab. Seitdem ist es nicht einmal mehr möglich, als registrierter OMNY-Nutzer auf die eigenen Reisedaten zuzugreifen.
Eine App, die nie kam – und eine, die vielleicht kommt
Ein zentraler Bestandteil von OMNY sollte eine Smartphone-App sein, die den Zugang und die Verwaltung des Systems vereinfachen würde. Doch bis heute existiert diese App nur in den Versprechungen der MTA. Stattdessen wird überlegt, die bestehende TrainTime-App, die für LIRR und Metro-North genutzt wird, auf OMNY auszuweiten. Aber auch das scheint eher ein Notbehelf als eine durchdachte Lösung zu sein.
Ausblick: Hoffnung auf 2024?
Im Mai 2023 kündigte die MTA neue Meilensteine für OMNY an: reduzierte Karten für Senioren, OMNY-Tickets für Schüler und neue Ticketautomaten. Doch diese werden weiterhin auf das alte System setzen – OMNY bleibt Stückwerk. Ein echtes Enddatum für die Digitalisierung des gesamten Systems gibt es nicht.
Fazit: Ein digitales Mega-Projekt auf Krücken
New York City wollte mit OMNY den Weg in eine digitale Zukunft beschreiten. Doch bisher zeigt das Projekt vor allem, wie komplex und schwerfällig der Weg dorthin sein kann. Ein fragmentiertes System, technische Pannen und Datenschutzprobleme haben die ursprüngliche Vision ausgebremst. Ob die MTA es schafft, den digitalen Knoten doch noch zu lösen, bleibt abzuwarten. Für die Fahrgäste bedeutet das vorerst: weiter abwarten und hoffen, dass die Reise irgendwann weniger holprig wird.
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