In wenigen Jahren will Microsoft einen Quantencomputer präsentieren, der nicht nur funktioniert, sondern auch industriell nutzbar ist. Die Geheimwaffe? Ein sogenanntes Majorana-Qubit – extrem stabil, kaum fehleranfällig, theoretisch perfekt für skalierbare Quantenhardware. Und genau das soll schon 2025 erstmals auf einem Chip landen. Aber jetzt kracht es gewaltig – und zwar an der wissenschaftlichen Basis.
Zweifel aus den eigenen Reihen
Was wie ein Durchbruch klang, steht plötzlich im Schatten massiver Kritik – und die kommt ausgerechnet von zwei Forschern, die ursprünglich selbst an der Veröffentlichung beteiligt waren. Vincent Mourik und Kun Zuo melden sich zu Wort und sagen: Moment mal, hier stimmt was nicht. Laut ihrer Analyse wurden die Daten im ursprünglichen Paper von 2017 so ausgewählt und bearbeitet, dass sie möglichst gut zur gewünschten Theorie passen. Die Annahme damals: Die eingesetzten Nanodrähte bilden sogenannte Quantenpunktkontakte (QPCs), die für die verlustfreie Leitung von Elektronen notwendig sind – eine Grundvoraussetzung für das Majorana-Qubit.
Ohne QPC kein Qubit
Die Kritik der beiden Forscher ist keine bloße Meinungsverschiedenheit – sie rüttelt am Fundament des gesamten Projekts. Wenn es diese QPCs so nicht gibt, wie behauptet, dann gibt es auch keine verlustfreie Leitung. Und ohne die wiederum lässt sich das Majorana-Qubit nicht nutzen. Mourik und Zuo sagen: Andere physikalische Erklärungen lassen sich aus den Daten nicht ausschließen – und das wussten die Autoren offenbar schon vor der Veröffentlichung.
Wissenschaft unter Druck
Die Reaktionen aus der Szene zeigen, wie ernst das Thema genommen wird. Die Fachzeitschrift, in der der Originalartikel erschien, hat bereits eine sogenannte „Expression of Concern“ veröffentlicht. Das heißt: Man ist besorgt, aber zieht das Paper (noch) nicht zurück. Doch das ist nicht der einzige Fall. Drei weitere Studien, ebenfalls Microsoft-finanziert, wurden inzwischen komplett zurückgezogen. Zwei davon kamen von derselben Forschergruppe, die auch das kritisierte Paper geschrieben hat. Für einige in der Community wirkt das alles wie ein klassischer Fall von: Wenn genug Fördergelder winken, wird wissenschaftliche Sorgfalt plötzlich optional.
Und jetzt? Vertrauen auf dem Prüfstand
Der Schaden für Microsofts Quantenpläne ist nicht nur technischer Natur, sondern vor allem einer des Vertrauens. Wenn die grundlegende Physik hinter dem Majorana-Qubit nicht sauber belegt ist, stellt sich die Frage: Wie tragfähig ist das ganze Konzept wirklich? Der Druck auf das Unternehmen wächst und die Szene schaut genauer hin als je zuvor. Was bleibt, ist ein bitterer Beigeschmack und die Erkenntnis: Selbst in der Quantenphysik ist Wissenschaft nur so stark wie ihre Ehrlichkeit.
© stock.adobe.com, AN STOCK