Googles Quantencomputer – Ein riesiger Schritt, aber noch kein Quantensprung

Quantencomputing – der heilige Gral der IT-Zukunft, der verspricht, Probleme zu lösen, die klassische Computer nie bewältigen könnten. Googles neuester Quantenchip, Willow, hat in der Forschung für ordentlich Aufsehen gesorgt. Doch trotz beeindruckender Fortschritte ist der Weg zur tatsächlichen praktischen Nutzung noch lang.

Was ist Willow?

Google hat kürzlich seinen neuen Quantenchip Willow vorgestellt, der mit 105 Qubits fast doppelt so viele wie der Vorgängerchip Sycamore bietet. Auf den ersten Blick mag das wie ein riesiger Schritt in Richtung Quantenrevolution wirken. Doch in der Realität sind wir noch weit davon entfernt, mit diesen Chips echte, nützliche Rechenaufgaben zu lösen. Willow hat zwar Fortschritte bei der Reduzierung der Fehlerraten erzielt, doch es bleiben noch viele Hürden auf dem Weg zu echten Quantenberechnungen.

Die Fehlerraten: Ein langer Weg

Erstaunlicherweise ist es Google gelungen, die Fehlerrate von Willow zu senken. Bei der Manipulation von Qubits liegt die Fehlerquote nun bei nur 0,035 Prozent, bei Prozessen, die zwei Qubits gleichzeitig betreffen, bei 0,33 Prozent. Zum Vergleich: Bei Sycamore lag diese Zahl noch dreimal so hoch. Das klingt vielversprechend, oder?

Für echte Quantenanwendungen müsste die Fehlerrate mindestens zehn Millionen Mal geringer sein. Auch wenn Willow also einen Rekord aufstellt, ist es noch lange nicht „bereit“, komplexe Aufgaben zu lösen. Die Fehlerkorrektur, ein entscheidender Bestandteil für Quantencomputer, bleibt ein großes Problem. Und genau hier wird es spannend.

Die Herausforderung der Fehlerkorrektur

Fehlerkorrektur bei Quantencomputern ist kein Kinderspiel. Qubits funktionieren nicht wie klassische Bits, die einfach zwischen 0 und 1 hin- und herspringen. Stattdessen existieren sie in einer Überlagerung von Zuständen, was die Fehlerquellen unglaublich komplex macht. Man kann sich das so vorstellen: Wenn ein Quantenbit „umkippt“, passiert nicht nur ein „Bit-Flip“ – auch die Phase des Qubits kann sich verändern, was die Korrektur noch schwieriger macht.

Was das Ganze besonders herausfordernd macht, ist, dass Qubits nicht einfach kopiert werden können, wie es bei klassischen Computern der Fall ist. Jede Messung eines Qubits zerstört seinen Informationsgehalt. Das bedeutet, dass Quantencomputer auf raffinierte Methoden angewiesen sind, um Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Google setzt dabei auf sogenannte Surface Codes, bei denen viele Qubits miteinander verschränkt werden, um ein einziges „logisches“ Qubit zu erzeugen.

Aber auch hier ist der Aufwand ist gigantisch. In den Experimenten mit Willow musste Google 101 Qubits für ein einziges logisches Qubit verwenden. Das stellt sicher, dass Fehler erkannt und korrigiert werden, zeigt aber auch, wie viel Energie und Ressourcen nötig sind, nur um grundlegende Rechenoperationen durchzuführen.

Google’s Anspruch vs. Realität

Google behauptete, dass Willow eine Rechenaufgabe durchgeführt hat, die ein klassischer Supercomputer 10 Quintillionen Jahre (also 10.000.000.000.000.000.000.000.000 Jahre) benötigen würde. Klar, das klingt nach einem beeindruckenden Fortschritt – aber in Wirklichkeit handelte es sich dabei um eine rein zufällige Berechnung. Die Aufgabe hatte keinen praktischen Nutzen und lieferte keine wirkliche Information. Diese Art von „Quantenüberlegenheit“ wird oft kritisiert, da sie eher wie ein PR-Gag wirkt als wie ein echtes technisches Durchbruchsergebnis.

Die Realität von Quantencomputern – Noch weit entfernt von der Praxis

Was bedeutet das alles? Obwohl Willow und andere Quantencomputer-Chips beeindruckende Zahlen liefern und die Wissenschaft in die richtige Richtung weisen, ist die Realität noch weit entfernt von der praktischen Anwendung. Aktuell sind Quantencomputer vor allem ein spannendes Forschungsprojekt, das noch viele technische Hürden zu überwinden hat. Die für reale Anwendungen notwendigen Fehlerraten sind noch lange nicht erreicht, und die Rechenleistung übersteigt bei Weitem das, was heutige Chips leisten können.

Kommerzielle Quantencomputer, die für praktische Aufgaben genutzt werden können, sind noch nicht absehbar. Der Weg dorthin wird von kontinuierlichen Innovationen im Bereich der Fehlerkorrektur, Skalierbarkeit und der Stabilität von Qubits geprägt sein. Für uns als Technik-Interessierte bleibt es spannend zu sehen, wie sich dieses futuristische Feld weiterentwickelt. Aber ein „nutzbarer“ Quantencomputer ist noch ein Stück entfernt.

 

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