Ein Atom dick, ein Meilenstein groß: Der erste 2D-CMOS-Prozesso

Forscher der Pennsylvania State University haben etwas erreicht, das lange Zeit eher wie Science-Fiction klang. Sie haben einen funktionsfähigen CMOS-Prozessor gebaut, der nicht mehr auf herkömmlichem Silizium basiert, sondern auf sogenannten 2D-Materialien.

Warum das etwas Besonderes ist 

CMOS – also “Complementary Metal-Oxide-Semiconductor” – ist die Technologie, auf der fast alle modernen Prozessoren basieren. Der große Vorteil von CMOS liegt im Energieverbrauch. Strom fließt hier nur dann, wenn ein Signal von 0 auf 1 oder umgekehrt wechselt. Genau dieser Mechanismus ist der Grund, warum unsere Smartphones nicht innerhalb von Minuten leer sind. Um das zu ermöglichen, kombiniert man zwei unterschiedliche Transistortypen, nämlich N-Kanal- und P-Kanal-Bauelemente, die im Zusammenspiel besonders effizient arbeiten.

Bisher ließ sich diese Architektur nur mit Silizium umsetzen, das durch gezielte Dotierung unterschiedliche elektrische Eigenschaften erhält. Bei 2D-Materialien ist das nicht möglich, daher braucht es zwei komplett verschiedene Stoffe. Genau diesen Schritt haben die Forscher gemeistert. Sie setzten Wolframdiselenid für den P-Kanal und Molybdänsulfid für den N-Kanal ein. Beide sind extrem dünne Materialien, nur wenige Atome dick und dennoch leitfähig und steuerbar.

Zurück in die Zukunft mit völlig neuem Material

Natürlich ist dieser neue Prozessor noch weit davon entfernt, ein modernes System-on-a-Chip zu sein. Genau genommen kann er nur einen einzigen Befehl ausführen. Mit etwa 2.000 Transistoren erreicht er eine Komplexität, die dem Intel 4004 entspricht, dem ersten kommerziellen Mikroprozessor von 1971. Trotzdem ist dieser Chip ein bedeutender Meilenstein. Denn der Unterschied liegt nicht in der Leistung, sondern im Material und dessen Potenzial.

Der Aufbau solcher CMOS-Schaltungen aus 2D-Materialien ist äußerst anspruchsvoll. Die beiden Materialien müssen nacheinander durch chemische Gasphasenabscheidung aufgetragen und präzise kontaktiert werden. Ziel ist es derzeit nicht, einen konkurrenzfähigen Chip zu bauen, sondern zu verstehen, wie man diese neue Technologie in Zukunft stabil und effizient fertigen kann.

Ein anderer Ansatz 

Während die Forscher in den USA mit zwei verschiedenen Materialien arbeiten, verfolgen die Forscher der Fudan-Universität in China einen anderen Ansatz. Dort wurde ein RISC-V-Prozessor ausschließlich mit Molybdändisulfid gefertigt. Der Chip enthält fast 6.000 Transistoren, ist aber deutlich weniger effizient. Befehle werden dort seriell, ein Bit pro Takt, verarbeitet, was bedeutet, dass eine 32-Bit-Operation mindestens 32 Takte benötigt. Auch der Energieverbrauch ist mit etwa 431 Mikrowatt bei 1 Kilohertz deutlich höher.

Im direkten Vergleich zeigt sich der Vorteil des amerikanischen CMOS-Designs. Der dort entwickelte Prozessor benötigt nur 100 Pikowatt, verbraucht also etwa vier Millionen Mal weniger Energie, und arbeitet dennoch mit einer Taktfrequenz von 25 Kilohertz. Natürlich sind das immer noch sehr niedrige Werte im Vergleich zu modernen Prozessoren, aber sie zeigen das enorme Potenzial dieser Technologie.

Warum 2D-Materialien unsere Hardware verändern könnten

Das wirklich Faszinierende an 2D-Materialien ist ihr Miniaturisierungspotenzial. Während heutige Transistoren schon im Nanometerbereich angekommen sind, bestehen diese neuen Materialien aus nur einer einzigen Atomlage. Trotzdem sind die in aktuellen Experimenten gefertigten Transistoren noch recht groß. Die Gate-Längen liegen zwischen 0,1 und mehreren Mikrometern, was etwa dem Stand der 1980er- oder frühen 1990er-Jahre entspricht. Dennoch zeigt sich hier deutlich, dass dies nur der Anfang ist.

Intel hat bereits einzelne 2D-Transistoren mit einer Gate-Länge von 6 Nanometern demonstriert, was auf dem Niveau heutiger Fertigungstechnologien liegt. Der nächste große Schritt wird sein, solche Transistoren nicht nur vereinzelt, sondern in Millionenanzahl mit gleichbleibender Qualität in einem Chip zu integrieren.

Fazit

Auch wenn die aktuelle Leistung dieser Chips im Vergleich zu heutigen Standards gering ist, zeigt der Bau eines CMOS-Prozessors aus 2D-Materialien eindrucksvoll, was technologisch möglich wird. Besonders in Sachen Energieeffizienz ist das, was heute schon erreicht wurde, beeindruckend. Gleichzeitig eröffnet sich mit diesen Materialien die Chance auf eine neue Generation von Chips, die kleiner, sparsamer und möglicherweise leistungsfähiger sind als alles, was wir heute kennen.

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