Die Schweiz hat abgestimmt und das Ergebnis könnte kaum knapper sein. Mit 50,39 Prozent Ja-Stimmen ist der Weg frei für die Einführung der E-ID. Ein Projekt, das vor drei Jahren deutlich gescheitert war, schafft nun doch die Wende.
Die erste Runde
2021 wurde die E-ID zum ersten Mal an der Urne abgelehnt. Damals waren fast zwei Drittel der Bevölkerung gegen das Projekt. Das hatte weniger damit zu tun, dass man digitale Identitäten grundsätzlich ablehnt. Viele Menschen fanden die Idee durchaus sinnvoll. Was für große Skepsis sorgte, war die Tatsache, dass die Herausgabe nicht durch den Staat erfolgen sollte, sondern durch private Unternehmen wie Banken oder Krankenkassen. Diese Konstruktion ließ bei vielen die Alarmglocken schrillen. Der Gedanke, dass kommerzielle Player die Kontrolle über eine so sensible Infrastruktur haben, führte schließlich zum deutlichen Nein.
Der zweite Versuch
Beim neuen Anlauf ist vieles anders. Der Bund übernimmt nun die Verantwortung für das gesamte System. Die neue E-ID ist staatlich, sie ist kostenlos und sie ist freiwillig. Herausgegeben wird sie über eine App mit dem Namen Swiyu, die als digitales Wallet dient. Dort kann man die eigene Identität beantragen, verwalten und bei Bedarf vorzeigen.
Die Registrierung läuft über das Smartphone. Man scannt seinen Ausweis, lädt ein Selfie hoch und die Daten werden vom Bundesamt für Polizei überprüft. Damit nicht einfach Fotos oder Videos vor die Kamera gehalten werden können, kommt eine Technik zum Einsatz, die erkennt, ob eine echte Person vor dem Gerät sitzt. Bewegungen, Reflexionen und Tiefeneffekte werden analysiert, um Missbrauch zu verhindern.
Mehr als nur ein Ausweis
Die E-ID soll im Alltag viele Türen öffnen. Wer sich künftig bei einer Behörde oder Bank anmeldet, kann das mit wenigen Klicks tun, ohne Papierkram oder komplizierte Passwörter. Ein Altersnachweis funktioniert ebenfalls schnell und datensparsam, denn statt das Geburtsdatum preiszugeben, wird nur bestätigt, dass das Mindestalter erreicht ist. Perspektivisch sollen auch weitere Nachweise wie Führerschein, Wohnsitzbestätigung oder Mitgliedskarten digital integriert werden.
Ein besonders sensibles Feld ist die Verbindung mit dem Organspende-Register. Ab 2027 sollen Entscheidungen zur Organspende direkt über die E-ID verwaltet werden können. Das soll den Zugang vereinfachen, wird aber sicher auch für Diskussionen sorgen.
Ein Land bleibt gespalten
Das extrem knappe Resultat zeigt, dass die Schweiz beim Thema digitale Identität tief gespalten ist. In Städten war die Zustimmung deutlich höher, während auf dem Land viele Menschen dagegen stimmten. Gegner warnten vor möglichen Risiken für die Privatsphäre und vor einer schleichenden Pflicht zur Nutzung. Verschiedene Bewegungen wie Mass-voll, die Junge SVP oder Abspaltungen der Piratenpartei machten mobil, konnten das Ja aber nicht verhindern.
Am Ende hat wohl das Vertrauen in die staatliche Verantwortung den Ausschlag gegeben. Während der erste Versuch vor allem daran scheiterte, dass private Unternehmen zu viel Macht bekommen hätten, überzeugte diesmal das Argument, dass die E-ID vom Bund selbst herausgegeben wird.
Ein vorsichtiger Schritt in die digitale Zukunft
Die E-ID soll ab Sommer 2026 verfügbar sein und zunächst nur auf iOS und Android laufen. Ob sie sich durchsetzen wird, hängt davon ab, wie praktisch sie im Alltag genutzt werden kann. Die technische Basis ist solide, die Prinzipien von Sicherheit und Datensparsamkeit sind eingehalten, und die Daten liegen dezentral auf dem Gerät der Nutzerinnen und Nutzer.
Doch das Vertrauen bleibt fragil. Das knappe Ja zeigt, dass die E-ID noch ein Projekt mit viel Überzeugungsarbeit ist. Sie könnte zu einem Schlüssel für die digitale Selbstbestimmung werden oder zu einem weiteren Beispiel, wie schwer sich die Schweiz mit großen Digitalprojekten tut.
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