Vor 15 Jahren begann Wikipedia als erfolgreiches Online-Experiment, doch mittlerweile sind die großen Jahre der Online-Enzyklopädie vorbei. Jetzt sucht sie nach innovativen Veränderungen.
Die Online-Plattform Wikipedia entstand einst aus den Projekt „Nupedia“, welches der Wikipedia-Chefredakteur Larry Sanger im Auftrag von Jimmy Wales entwickeln sollte. Nupedia sollte die erste freie Online-Enzyklopädie darstellen, doch die Idee, dass Artikelautoren und Gegenleser unentgeltlich arbeiten sollten, ging nicht auf. Der Gedanke von Wikipedia hingegen, jeden interessierten Internetnutzer an der Redaktion von Artikeln teilhaben zu lassen und ihnen so den Zugang zu unendlich vielen Wissensthemen und Fachgebieten zu ermöglichen, schien erfolgsversprechend. So zählt die Online-Enzyklopädie, die zugleich die siebtgrößte Webseite der Welt ist, heute über 36 Millionen Artikel und ist in über 290 Sprachversionen verfügbar. Allein in Deutschland wurden 1,9 Millionen Artikel verfasst. Der Erfolg von Wikipedia liegt vor allem auch an der Tatsache, dass Jimmy Wales die Online-Plattform hinterher der Community anvertraut hat, um die Überflutung der Seite mit Werbung, und so ihre Kommerzialisierung, zu verhindern. Zusätzlich gründete er die Wikimedia-Foundation.
Auch Google spielt bei der Erfolgsgeschichte von Wikipedia eine entscheidende Rolle. Denn je mehr Menschen bei ihrer Googlesuche auf Wikipedia-Artikel klickten, desto höher war die Position von Wikipedia-Artikeln bei den folgenden Onlinesuchen bei Google. Dies wiederum führte dazu, dass sich neue freiwillige Redakteure um die Korrektheit und Vollständigkeit der Wiki-Artikel bemühten. Vor allem in Deutschland wurde die Idee, zusammen eine Online-Enzyklopädie zu schreiben, sehr begrüßt. So wurde bereits 2004 ein Wikimedia-Verein gegründet, der sich unter anderem um die Kooperation mit Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen bemüht.
Doch das Projekt Wikipedia ist nicht unumstritten, da bereits vor einigen Jahren bekannt wurde, dass besonders Politiker oder auch Unternehmen die Plattform ausnutzen und sich an der Erstellung von Artikeln beteiligen, um diese zu zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Das Ziel von Wikipedianern und speziellen Agenturen ist es hier, diese einflussnehmenden Fake Accounts ausfindig zu machen und zu entfernen.
Ein wichtiger Bestandteil für das Fortbestehen von Wikipedia ist zudem die Wikimedia-Foundation, die seit 2007 von der Journalistin Sue Gardner geleitet wird. Ihre wichtigste Neuerung bei Wikipedia sollte es sein, die Plattform auch in Entwicklungsländern anzusiedeln, dorthin, wo Wissen und Bildung ein Mangel sind. Doch dieses Projekt, wie auch ihr Vorhaben, doppelt so viele Autoren anzustellen oder den Frauenanteil unter den Artikelverfassern zu erhöhen, waren zum Scheitern verdammt. Die Hauptaufgabe der Wikimedia-Foundation, nämlich die Beschaffung von Geldern, meistert sie nichtsdestotrotz mit Bravour: Jedes Jahr konnte die Foundation einen Einnahmenszuwachs verzeichnen und besitzt derzeit ein Jahresbudget von knapp 60 Millionen US-Dollar. Zudem hat die Wikimedia-Foundation kürzlich erklärt, ein Stiftungsvermögen aufbauen zu wollen. Im sogenannten „Wikimedia Endowment“ sollen in den kommenden 10 Jahren bis zu 100 Millionen US-Dollar angehäuft werden, um die laufenden Betriebskosten von Wikipedia langfristig finanzieren zu können.
Doch der Weg für die Zukunft Wikipedias wird steinig: Vor allem stark sinkende Besucherzahlen und die Abnahme von Autoren machen der Online-Plattform zu schaffen. Weder die mobile App Wikipedia Zero noch die Internetsuche mit Google konnten helfen, den Abwärtstrend zu stoppen. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, möchte die aktuelle Geschäftsführerin Lila Tretikov die Enzyklopädie in eine Frage-Antwort-Maschine umwandeln. Dazu hat sie die Abteilung „Discovery“ geschaffen, die sich mit einer Aktualisierung des Datenschatzes auf Wikipedia befassen soll, damit eine direkte Beantwortung von Nutzerfragen möglich ist. Es steht jedoch noch nicht fest, wie diese Idee umgesetzt werden soll. Allerdings hat Wikipedia mit einem weiteren Problem zu kämpfen: Nämlich mit den Streitigkeiten zwischen der Community und der Wikimedia-Foundation. Hintergrund des Konflikts ist die Angst der Community, dass ihre Arbeit weniger geschätzt wird und die Wikimedia-Foundation ein Mitspracherecht der Community ablehnt. Die Foundation ihrerseits befürchtet hingegen, dass ihr Einfluss abnehmen könnte und sie so nicht mehr in der Lage wäre, ihre eigentliche Bestimmung, nämlich so vielen Menschen wie möglich Zugang zum Weltwissen zu ermöglichen, zu erfüllen. Doch angesichts des anstehenden Jubiläums der Online-Enzyklopädie muss die Schlichtung des Konfliktes nach hinten geschoben werden, zumal in der nächsten Zeit verschiedene Feste in verschiedenen Ländern und Städten auf der ganzen Welt geplant sind, bei denen die Autoren den Geburtstag ihres Projektes feiern wollen.